Auch wenn der Zusammenhang nicht offensichtlich scheint, aber die Erziehung eines Kleinkindes kann uns viel über unsere Führungsqualitäten lehren
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Wir wissen, dass der Wissensdurst eines Kindes unersättlich scheint. Oft können uns zufällige Fragen überrumpeln und es uns schwer machen, zu antworten. Stell dir vor, ein etwa fünfjähriger Junge fragt dich plötzlich: "Woher kommt der Wind?" Wie würdest du antworten?
1.) Die meisten von uns würden keine gute Antwort wissen, geschweige denn eine wissenschaftlich korrekte. Warum fällt es uns dann so schwer, unser Unwissen einfach zuzugeben? Warum bringen wir unseren Kindern nicht bei, dass Erwachsene nicht alles wissen und dass das kein Problem darstellt, da niemand perfekt ist?
2.) Angenommen, wir wissen eine gute Antwort und haben eine Vorstellung von Hoch- und Tiefdruckzonen, welche zu Luftbewegungen zum Druckausgleich führen. Was wäre der Sinn, es so einem Kind zu erklären, welches uns gerade mit dieser Frage konfrontiert hat? Aufgrund mangelnder vorheriger Erfahrungen kann es das notwendige Wissen nicht haben, um zu verstehen, was wir versuchen zu erklären. Stattdessen könnte unsere Antwort mehr Verwirrung stiften als befriedigen. Was würde das dem Kind bringen? Würden wir ihm einen Dienst erweisen? Oder würden wir uns einfach selbst intelligent und überlegen fühlen wollen?
3.) Wir könnten eine Antwort erfinden, obwohl wir möglicherweise keine gute kennen. Aus irgendeinem Grund haben wir das Gefühl, dass wir liefern müssen, wenn ein Kind eine Frage stellt. Auch das würde dem Empfänger nichts nützen. Wir würden die Lüge fördern, dass Erwachsene immer und auf alles eine Antwort haben. Außerdem würden wir den irreführende Glauben an das manifestieren, was wir uns gerade ausgedacht haben.
4.) Wir könnten ehrlich antworten und zugeben, dass wir die Antwort nicht wissen, aber wir könnten die Frage zurückgeben: "Hast du eine Idee, woher der Wind kommt?" Wie jeder Mensch können auch Kinder es nicht ertragen, keine Antworten zu haben, also erfinden sie manchmal selbst welche: "Ich glaube, dass der Wind von den Bäumen kommt, denn immer, wenn die Blätter sich bewegen, gibt es Wind." Jetzt beginnt die eigentliche Herausforderung: Wie reagieren wir auf eine Aussage, von der wir wissen, dass sie falsch ist, ohne das Kind zu entmutigen?
Sich selbst korrigieren - eine sanfte, aber mächtige Kraft
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An diesem Punkt könnte keine Widerlegung, die wir im Sinn haben, unseren kleinen Entdecker zufriedenstellen. Schließlich hat er ja gerade geschildert, wie er die Welt sieht. Einfach nur mit seiner Antwort nicht einverstanden zu sein, wäre genauso verletzend wie einem überzeugten Christen zu sagen, dass Gott nicht existiere. In ihrer Weltanschauung ist Gott so real wie der Boden, auf dem sie wandeln. Oft sind wir uns der Schäden nicht bewusst, welche unsere unbedachten Worte bei Kindern verursachen können. Bei erwachsenen Gesprächspartnern, deren Wiederrede wir ernster nehmen, sind wir vorsichtiger.
Sollten wir also zustimmen, obwohl die Antwort des Jungen falsch ist? Nein, natürlich nicht. Das Ziel ist nicht, fehlerhaftes Wissen zu manifestieren. Die Herausforderung besteht darin, eine Möglichkeit zu finden, dass das Kind sich selbst korrigieren kann. Auf diese Weise wird es lernen können, ohne eingeschüchtert zu sein. Es könnte sich sogar gestärkt und motiviert fühlen.
"Hm, deine Antwort klingt interessant, aber ich weiß nicht, ob sie richtig ist. Vielleicht können wir das irgendwann testen?" Wir zeigen, dass wir den Jungen und seine Ideen ernst nehmen, lassen aber gleichzeitig die Tür für Korrekturen offen. Was wäre der Test? Wenn wir in einer Situation mit dem Jungen sind, in der wir Wind spüren, aber keine Bäume in der Nähe sind, wie zum Beispiel in einer Stadt oder auf einem Feld, könnten wir diese Beobachtung ansprechen: "Erinnerst du dich an deine Frage zum Wind? Ich kann jetzt den Wind spüren, aber es gibt keine Bäume in der Nähe. Was denkst du?" "Hm, vielleicht wird der Wind doch nicht von Bäumen gemacht..." Der Junge wird immer noch nicht die perfekte Antwort wissen, aber du hast ihm gerade geholfen, eine Illusion zu beseitigen. Das Beste daran ist: Er könnte das Gefühl haben, selbst zu dieser Erkenntnis gelangt zu sein. Er könnte sich gestärkt fühlen - und motiviert, mehr zu lernen und zu testen.
Bei Bildung sollte es nicht darum gehen, den Kindern zu sagen, was sie zu tun und zu lassen haben. Es sollte darum gehen, sie dabei zu unterstützen, selbst gute, unabhängige Entscheidungen zu treffen.
Der Unterschied zwischen Herrschen und Leiten
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Okay, nette Geschichte, aber was hat das mit Führungsqualitäten zu tun? Als Leitung könnten wir uns auch in Situationen befinden, in denen wir keine gute Antwort haben. Was würden wir dann tun?
1.) Wir würden es nicht zugeben, da wir nicht riskieren wollen, schwach oder inkompetent zu wirken. Wir würden eine Chance verpassen, mit unseren Kollegen auf Augenhöhe zu kommunizieren und ihnen zu zeigen, dass wahre Stärke dann entsteht, wenn alle Bemühungen und Gedanken eines Teams zusammenarbeiten und ineinandergreifen.
2.) Wir könnten eine Antwort haben, aber aufgrund ihrer Komplexität könnte es passieren, dass nicht alle Mitglieder unseres Teams sie verstehen. Wenn unsere Antwort also zu mehr Verwirrung als Aufklärung führt, wofür ist sie dann gut? Menschen um uns herum das Gefühl zu geben, schlecht gebildet zu sein, ist destruktiv für deren Motivation.
3.) Wir sind der Chef, also werden wir eine Antwort finden, koste es, was es wolle. Wir wollen um jeden Preis die Kontrolle behalten und vernachlässigen das Risiko, dass unsere Antwort mehr Probleme verursachen könnte, als sie löst. Unser Team würde natürlich nicht davon profitieren, da unsere halbgare Antwort sie auf eine falsche Fährte schicken könnte.
4.) Wir könnten ehrlich sein und zugeben, dass wir keine gute Antwort haben. Stattdessen würden wir die Beiträge des Teams für eine gemeinsame Anstrengung schätzen. Auch hier könnte jemand mit einer Antwort kommen, von der wir wissen, dass sie falsch ist, aber wie sollten wir reagieren?
Wir werden nicht die Zeit und die Ressourcen haben, um nach draußen zu gehen und dem Wind nachzujagen, und doch glaube ich, dass der Grundmechanismus der gleiche ist. Wenn wir jemandem einfach sagen, dass ihre Ideen falsch sind, und ihnen dann zeigen oder sagen, was richtig ist, könnten wir zwei Dinge riskieren: Erstens könnte der Lerneffekt nicht nachhaltig sein, da das Problem für sie gelöst wurde, nicht von ihnen. Zweitens könnte das Gefühl, falsch zu liegen, für ihre Motivation und Produktivität schädlich sein. Egal, wie alt wir sind: Niemand von uns möchte sich dumm fühlen.
Stattdessen ist es manchmal möglich, einer Person dabei zu helfen, sich selbst zu korrigieren, indem man Fragen stellt oder Aufgaben entwirft, die zu einem bestimmten Ergebnis führen. Uns selbst zu korrigieren ist nachhaltiger, da es nicht mit negativen Emotionen verbunden ist. Es könnte stattdessen mit positiven verbunden sein. Als Leitung könnten wir zwei Ziele auf einmal erreichen: Wir könnten die Fähigkeit unseres Teams stärken, sich selbst zu korrigieren und Probleme zu lösen (und damit produktiver zu werden), und gleichzeitig die Moral hochhalten. Wir alle sind anfällig für das befriedigende Gefühl des Erfolges, egal, wie klein es auch sein mag.
Der Hauptunterschied zwischen Herrschern und Leitungen liegt in der Entscheidungsfreiheit der anderen. Man entscheidet sich dazu, einer Leitung zu folgen, aber man ist gezwungen, einem Herrscher zu gehorchen. Ich denke, es ist offensichtlich, welcher Ansatz besser für die Atmosphäre in einer Gruppe ist. Freiwilliger Gehorsam ist erzwungenem Gehorsam in der Regel überlegen.
Wenn man also versteht, was nötig ist, um ein Kind zu erziehen und dafür zu sorgen, dass es sich geschätzt fühlt, dann versteht man auch, was es braucht, um eine gute Leitung zu sein. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Leitung das Sagen hat und letztendlich die endgültige Entscheidung trifft, aber in beiden Fällen könnte das Ziel sein, allen anderen das Gefühl zu geben, dass sie Teil der Erfolgsgeschichte sind.
Genau wie ein Schiedsrichter im Sport sollte eine Leitung nicht darauf bedacht sein, im Mittelpunkt der Aufmerksamkeit zu stehen. Stattdessen sollte er oder sie dazu beitragen, dass die Spieler und Spielerinnen um sie herum glänzen können.
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